Ein bedeckter, kalter Morgen Ende April, endlich sollte es losgehen zum sagenumwobenen Kleidersee nach Augsfeld bei Haßfurt in Unterfranken. Nach einer langen Trockenperiode und frühsommerlichen Temperaturen machte das Thermometer leider eine Talfahrt und auch die aufziehenden Wolken versprachen die Ankunft eines Tiefdruckgebiets mit reichlich Niederschlag. Nun denn, geplant is geplant, die Ausrüstung beisammen und von ein paar Regentropfen oder Wolkenbrüchen habe ich mich noch nie vom Angeln abhalten lassen. Insbesondere nicht wenn es um kapitale Fänge geht.

Dem Kleidersee eilt ein Ruf voraus. Waller über 2m sollen zu erbeuten sein und Karpfen bis zu 40-50 Pfund. Mit Aussicht auf diese Riesen wurde auch die Köderauswahl und die Materialauswahl getroffen. Also die dicken Karpfen- und Wallerruten mit 35er Mono für die Karpfen und 45er geflochtener für die Waller eingepackt und los ging‘s. Ich packte der Vollständigkeit halber noch meine Spinnrute ein und nahm meine „Spinnweste“ mit an der ich meine komplette Spinnausrüstung angebracht habe.

Die Erlaubniskarten für den See kann man beim Pächter, der Familie Schmitt in Augsfeld, beim Gasthaus zum Schwanen erwerben. Eine Wochenkarte schlägt dort mit 35€ zu Buche, was ich durchaus als einen akzeptablen Preis empfinde.

Am Wasser angekommen wartete auch schon mein alter Kumpel Andi und hat unser Camp bezogen. Wir haben uns für einen Platz im hinteren Bereich des Sees entschieden, da im vorderen Bereich ein Campingplatz ist und wir natürlich ungestört unserem Hobby frönen wollten. Dabei ist zu beachten, dass am Ostufer des Sees ein Naturschutzgebiet ist und dort dementsprechend ab einer bestimmten Grenze weder Angeln noch Lagern erlaubt ist.

Nachdem ich meine Ausrüstung samt Verpflegung für die nächsten 5 Tage mit meiner neu erworbenen Angelkarre zum Platz gekarrt hatte begann der Aufbau. Bivvy, Rodpod, Regenschutz etc. wurden entfaltet…

Anschließend ging es daran, endlich die Köder ins Wasser zu bringen und die Futterplätze anzulegen. Am Kleidersee sollte man unbedingt ein kleines Boot mit Paddeln zum ausbringen des Futters und der Montagen mitbringen. Der Betrieb von motorbetriebenen Booten ist auf dem See jedoch untersagt. Der hinterste Angelplatz, der sogenannte „Rattenplatz“ ist sogar nur per Boot zu erreichen. Diesen wollten wir eigentlich besetzen, nur war dieser leider schon belegt.

Wir entschieden uns dafür zwei Futterplätze am Ufer der mittig im See gelegenen großen Insel anzulegen und fütterten dort Mais und Halibutpellets an um die Karpfen an den Platz zu bringen. Das Wasser des Sees ist sehr klar und so konnten wir immer wieder kontrollieren ob unser Futter noch am Platz liegt. Wir brachten unsere Montagen mit dem Boot raus und versenkten erstmal zwei Karpfenmontagen an den Futterplätzen.

Anschließend machten wir uns daran ein wenig abgesetzt eine Wallermontage anzubringen. Da die anderen Raubfische noch Schonzeit hatten durften wir leider nicht direkt mit Köderfisch auf die großen Welse angreifen und haben uns deshalb für ein doppeltes Tauwurmbündel entschieden. Dieses wurde mit einer 30er Mono an einen überhängenden Ast des Inselufers und den Vorfachwirbel gebunden und anschließend mit der Hauptschnur bis zu unserem Platz oberhalb der Wasseroberfläche gespannt, so dass die Montage mit den Würmern senkrecht einige Meter vor dem Ufer ins Wasser hing. Diese Abreißmontage scheint eine gängige Methode der Köderpräsentation am See zu sein, da wir einige übriggebliebene Abreißschnüre an der Insel feststellen konnten.

Mittlerweile traf auch unser dritter Mann Marcel ein und machte sich einen Platz weiter vorne daran seine Grundruten in Stellung zu bringen. Marcel wollte klassisch mit Wurm auf Grund beginnen um erstmal abzuklopfen was sonst noch im See zu holen ist.

Nachdem die Ruten im Wasser waren machten wir uns weiter daran unser Camp mit Nässeschutz auszustatten und unseren Komfort zu erhöhen. Voller Spannung erwarteten wir die erste Nacht voller Hoffnung von einem schreienden Bissanzeiger aus dem Schlaf gerissen zu werden…

Gegen 22:00 Uhr machte sich Marcels erster Bissanzeiger bemerkbar und schrie ihn an endlich den Anhieb zu setzen. Nach kurzem Drill kam ein kleiner Waller an die Oberfläche, ca. 40-50cm lang. Es gab sie also tatsächlich im See. „Wo ein kleiner ist, da ist die Mutti nicht weit“ dachten wir uns voller Vorfreude und begaben uns in unsere Zelte… Bis zum nächsten Morgen. Kein Biss, die ganze Nacht. Nicht ein kleiner Zupfer. Nach dieser Ernüchterung hielten wir jedoch erstmal an unserer Taktik fest, überprüften die Köder, brachten noch etwas Futter aus und platzierten wieder unsere Montagen.

Leider blieben wir in der Folge glatte 24 Stunden ohne eine einzige Flosse zu sehen. Es regte sich nichts an unseren Ruten. Garnichts.

Die Hoffnung auf einen kapitalen Waller oder Karpfen schwand so langsam und wir machten uns Gedanken wie wir unseren Erfolg erhöhen könnten. Mittlerweile war das Datum des 01.05. erreicht und somit das Angeln mit Köderfischen und Kunstködern zulässig. Leider gelang es uns jedoch nichtmal einen einzigen Köderfisch zu erbeuten. Wir versuchten es mit Wurm auf Grund, mit Teig an einer feinen Posenmontage, mit Schinkenwürfeln als Köder… Keine Chance. In diesem See schien es keine Weißfische zu geben.

Da wir ein Boot zur Verfügung hatten und uns die Langeweile aufgrund der langen Bissflaute ereilte, entschied ich mich am Nachmittag eine Runde auf dem See zu drehen und meinem Lieblingswobbler, einen dreiteiligen DAM Indian die Unterwasserwelt des Sees zu zeigen. Ich klopfte eine Kante unmittelbar vor unserem Platz ab und versuchte es außerdem im Bereich des Ostufers der Insel. An beiden Stellen bekam ich nach kurzer Zeit Attacken auf meinen Wobbler, konnte diese jedoch zunächst nicht eindeutig als solche Interpretieren, da die Fische nicht hakten. Als ich die Kante vor unserem Spot ein weiteres mal anwarf bekam ich einen heftigen Biss und diesmal saß der Drilling. Die Freude über den Biss war groß und kurze Zeit später konnte ich mit Marcel einen schönen 72er Hecht ins Boot landen. Nun war auch Marcel angefixt und schnappte sich meine Spinnrute. Nachdem wir unseren Fang zunächst zum Lager verbracht hatten stachen wir erneut in See. Diesmal Marcel an der Spinnrute. Auch er konnte nach nur 4 Würfen einen schönen 76er Hecht in den Kescher dirigieren. Damit gaben wir uns zunächst zufrieden und rückten wieder ins Lager ein.

Nachdem wir unsere Spinnfischtour beendet hatten, brachten wir unsere Grundmontagen wieder ins Wasser und harrten der Dinge die da kommen. Einer der Hechte wurde auch direkt zum Abendessen verspeist. Bis uns die Müdigkeit übermannte passierte jedoch Erwartungsgemäß nichts mehr. Gegen 23:00 Uhr entschieden wir uns an diesem Abend uns in die Schlafsäcke zu kuscheln. Eine knappe halbe Stunde später gegen 23:30 Uhr wurde wieder Marcel von seinem Bissanzeiger zum Aufstehen genötigt. Wieder konnte er einen kleinen Waller von 52cm Länge landen. Der Rest der Nacht verlief leider wieder ohne einen weiteren Biss.

Am nächsten Tag entschieden wir uns abermals dazu mit der Spinnrute den See zu erkunden. Recht schnell erwiesen sich die zuvor schon genannte Kante, als auch das Südufer der Insel als Hotspots für die Hechte. Ich konnte mit Andi zusammen zwei Kameraden von ca. 75cm überreden zu uns ins Boot zu kommen. Marcel ging leider an diesem Tag leer aus und konnte keinen Hecht fangen. Aber er hatte mir und Andi ja nun auch schon zwei Waller voraus, somit empfand ich dies als durchaus gerecht. Marcel und ich beobachteten an diesem Tag einen einheimischen Angler, welcher in einiger Entfernung offenbar gezielt Hotspots ansteuerte und dort auch vor unseren Augen zwei Hechte fangen konnte.

Da an den Waller- als auch an den Karpfenruten bisher noch nichts passiert war, baute ich meine Karpfenmontage ab und bot stattdessen einen halben Rotaugen-Köfi mit Unterwasserposenmontage auf Grund an, da wir das noch garnicht probiert hatten und ich so die Hoffnung hatte doch noch einen kapitalen Waller ans Band zu kriegen. Aber auch dies blieb mir verwehrt. Bis zum nächsten Tag blieben die Bissanzeiger der Grundruten wieder stumm.

Mittlerweile war der letzte Angeltag angebrochen und uns war klar, wir müssen mit der Spinnrute raus, wenn wir nochmal Fische sehen wollen. Also wieder ins Boot und wieder aufs Wasser. Wir steuerten die Spots an, an denen zuvor der offensichtlich ortskundige Angler seine Hechte fing und versuchten unser Glück. Leider wollte dort kein Hecht auf unsere Wobbler einsteigen. Nachdem wir alle Spots am Ostufer vor dem Naturschutzgebiet und im Bereich der Schilfkante am Südufer des Sees abgegrast hatten, verlegten wir zurück zu der Kante vor unserem Spot wo wir bisher auch die meisten Bisse hatten. Wieder schlug es bei mir ein, diesmal aber richtig kräftig! Sssssssssssssss… die Bremse kreischte und die Schnur flog nur so von der Rolle. Ich hielt gut dagegen und konnte nach den ersten Fluchten den Hecht näher ans Boot bringen. Aber sie wollte einfach nicht nach oben. So zog sie eine halbe Runde ums Boot, dann wieder zurück, bis es mir endlich gelang die Esoxdame an die Oberfläche zu bringen. Marcel war mit dem Kescher einsatzbereit und wartete nur darauf, dass ich den Hecht gezielt über den Kescherrand führe. Dazu muss ich sagen, dass das kleine Schlauchboot auf dem wir zu zweit samt Ruten und Kescher saßen eine Länge von gerade mal 2m hatte und unser Aktionsraum dadurch dementsprechend begrenzt war. Als Kescher hatten wir einen Hammerkopfkescher mit einer Seitenlänge von 80cm zur Verfügung. Eigentlich ein ganz passables Landungsgerät. Ich führte den Hecht nun vorsichtig soweit ich konnte über den Kescherrand und Marcel versuchte die Dame mit dem Großteil ihres Körpers in den Kescher zu bugsieren. Dies passte der Dame jedoch nicht und sie entschied sich dazu nochmal zu flüchten und aus dem Kescher einen Sprint in die Tiefe zu machen. Glücklicherweise hakte der Wobbler noch nicht im Keschernetz, so dass ich den Kontakt zum Fisch nicht verlor. Nach dieser Flucht und dem damit verbundenen Adrenalinschub pumpte ich den Hecht wieder hoch. Zweiter Anlauf auf den Kescher. Diesmal mit noch mehr Motivation, noch mehr Vorsicht. Es war knapp, es war wirklich knapp, aber Marcel schaffte es letztendlich die Dame in den Kescher zu bringen. Überglücklich und vollgepumpt mit Adrenalin steuerten wir das Ufer an. Was ein Kampf… Am Lager angekommen bewunderten wir dann das Ergebnis dieses nervenaufreibenden Erlebnisses. Glatte 93cm brachte die gute ans Maßband und ich war natürlich stolz wie Oskar. Ich habe schon mehrere Hechte dieser Größenkategorie landen können, aber die Freude ist jedes Mal wieder groß. Nach einer kurzen Pause wollten wir angespornt von diesem Erlebnis wieder aufs Wasser. Ich konnte anschließend noch einen 76er Hecht ans Band kriegen, Marcel aber drohte abermals leer auszugehen. Es machte sich schon Unmut bei ihm breit und wir wollten wieder zurück zum Lager fahren als ihm wirklich beim letzten Wurf noch ein 66er Hecht einstieg und ihn anschließend zum Lager begleitete. Nach den drei Hechten am Nachmittag gönnten wir uns eine Pause und entspannten in der wunderbaren Atmosphäre eines Frühlingsstarkregens.

Zum Abend klarte es wieder auf und bescherte uns eine wirklich schöne Abendstimmung am See. Der Wind hatte sich gelegt, die Sonne tauchte die verbliebenen Wolkenfetzen in ein sanftes Lila-rot. Spiegelglatt lag der See nun da. Diese Idylle konnten wir nicht ungenutzt liegen lassen und so packten wir abermals die Spinnruten und fuhren raus. Wieder bekamen wir im südlichen Teil des Sees Attacken auf unsere Wobbler, aber es wollte keiner haken. Als wir uns aufgrund der untergehenden Sonne schon wieder geistig auf den Rückweg machten knallte es doch noch bei mir und ich konnte einen „kleinen“ 69er Hecht in den Kescher bringen. Nun war unsere Hechtgier vollends befriedigt und wir verlegten zurück zum Lager.

In der letzten Nacht blieben die Bissanzeiger abermals Stumm und wir konnten keine Fische mehr landen. Am nächsten Tag bauten wir unser Lager ab und beendeten einen sehr erholsamen, aus meiner Sicht durchaus erfolgreichen Kurzurlaub.

Abschließend bleibt zu sagen, dass der Kleidersee ein tolles Gewässer ist. Die Hechtbestände sind offensichtlich in einem hervorragenden Zustand, ich möchte behaupten, es sind schwedische Verhältnisse dort. Auch waren die Hechte die wir fingen überdurchschnittlich gut genährt und sehr schwer für ihre Länge.

Die Tatsache, dass wir leider keinen Karpfen und keine kapitalen Waller ans Band kriegen konnten war aber wohl nicht dem Umstand geschuldet, dass diese im See nicht vorhanden sind. Ich gehe eher davon aus, dass sich die Karpfen aufgrund des Tiefdruckgebiets ins Naturschutzgebiet zurückgezogen haben. Auch die Waller haben wahrscheinlich aufgrund des Druckabfalls und des Temperatursturzes das Fressen eingestellt. Während unseres Ansitzes waren noch etliche andere Karpfen- und Wallerangler am See und wir konnten bei keinem einen Biss vernehmen.

Ich werde auf jeden Fall wieder zum Kleidersee zurückkehren und es dort nochmal auf Karpfen und Waller probieren. Und falls das wieder nicht klappt, vertreib ich mir die Zeit mit den Hechten, denn das hat unglaublich viel Spaß gemacht!

Informationen zum Kleidersee

Karten könnt ihr hier erwerben: Gasthaus zum Schwanen, Augsfeld

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